21.12.2007

So kann man sich auch die Zeit vertreiben...

In Anbetracht der Tatsache, dass Corinne fast täglich ihre Homepage um neue Anekdoten erweitert und ich so tue als ob es aus Baku nichts zu berichten gibt, möchte ich jetzt mal von meinen letzten zwei, drei Wochen erzählen.
Neueste Errungenschaften: ein verlängertes Visum, eine aserbaidschanische ID bzw. Registrierung, ein eigens Internetkabel im neuen Büro von AOS, eine rote Strickjacke (Baku braucht Farbe), eine Verlängerung meines ASA-Projektaufenthaltes, kurzzeitig auch eine komplett neue Projektaufgabenstellung, die mich zwei Tage lang total verwirrt hat, mehr als eine Handvoll aserbaidschanische Freunde, ein bisschen mehr Gelassenheit bezüglich der Wasserproblematik und endlich habe ich auch mal Erdöl gesehen.
Weil das alte Büro zu teuer war ist AOS vor einer Woche in ein neues Büro gezogen. Ich bin jetzt eine Stunde unterwegs, um zur Arbeit zu kommen. Vorher waren es 15 Minuten zu Fuß. Jetzt laufe ich eine Viertelstunde, stehe mir eine halbe Stunde in der U-Bahn die Beine in den Bauch (schlafe auf dem Rückweg regelmäßig ein) und laufe noch mal eine Viertelstunde bis ich schließlich da bin. Klingt langweiliger und länger als es mir vorkommt. Außerdem in Aserbaidschan gilt: Zeit ist kein Geld. Das neue Büro ist mitten in einer Wohnsiedlung im Sowjetstil. Drei Zimmer, Küche, Bad, 2 Balkons. Die Wände sind rosa und hellblau gestrichen. Leider gibt es nur morgens zwischen sieben und neun Uhr Wasser. Da müsste jemand kommen und den Tank im Bad füllen. Das hat aber nur an den ersten beiden Tagen geklappt. Danach hatte wohl keiner mehr Lust früh aufzustehen, denn seitdem gibt es eigentlich kein Wasser mehr im Büro, was, na ja, unter Umständen und langfristig gesehen problematisch wird....
Auch gab es am Anfang Probleme mit dem Strom, denn für 10 Rechner plus Monitore, meinen Laptop, Licht und einen Heizstrahler, denn es gibt keine Heizung, waren die Netzkapazitäten in der Wohnung nicht ausgelegt. Inzwischen haben sie das Problem aber behoben, was auch zwingend notwendig war, denn ich kann dank Laptop natürlich auch ohne Strom arbeiten, aber alle anderen haben etwa zehn mal täglich ihren Rechner hochgefahren, zum Arbeiten kommt unter diesen Umständen natürlich keiner.
Erfreulicherweise und auch sehr überraschend konnte ich vor ein paar Tagen meinen ASA-Projektaufenthalt um einen Monat verlängern. Ich bleibe also nun bis etwa 25.02. und werde in den kommenden zwei Monaten hoffentlich noch alles schaffen, was ich mir vorgenommen habe. Also nicht nur die Infotafeln für den Lehrpfad im Hirkan Nationalpark fertig zu stellen, sondern auch Mehrab helfen sein geliebtes Traum-Insektenhotel zu bauen und im Januar und Februar Sevinj & Co in die Hohe Kunst des GIsens einzuführen.
Zu meiner Freude habe ich meine Visumsverlängerung für 20 Dollar bekommen. Ein Visum kostet eigentlich 60 Dollar, aber für mich im Rahmen des Kulturabkommens zwischen Aserbaidschan und Deutschland ist es kostenlos - theoretisch. Na ja, für dieses Abkommen hat sich schon in der Botschaft in Berlin keiner interessiert und deswegen habe ich mir hier keine großen Hoffnungen gemacht. Aber angesprochen habe ich den mürrischen Mitarbeiter im Außenministerium dann doch darauf. Zuerst ein kritischer Blick, die Stirn runzelte sich immer mehr und schließlich kippte seine Stimmung in kooperative Unwissenheit. Er werde meine Verbalnote mitnehmen und das checken lassen. Ich soll in drei Stunden wiederkommen. Ich war schon am gehen, da rief er mir noch hinterher, dass er mir auch mein Visum jetzt für nur 20 Dollar gibt, wenn ich nicht darauf bestehe, dass irgendjemand sich die Mühe macht und versucht die Verbalnote zu verstehen. Dieses Angebot musste er mir natürlich nicht zweimal machen ;-). Ein paar Tage später konnten Corinne und ich dann unsere Visa abholen, um 18 Uhr hieß es. Sicherheitshalber waren wir schon zehn Minuten vorher da. Allerdings waren wir nicht die einzigen mit dieser Idee. Etwa 40 oder 50 Männer verschiedenster Nationen saßen schon im Wartebereich, als wir eintrafen. Oh je, das kann ja lange dauern bis wir unsere Pässe zurück bekommen...dachten wir. Für einen kurzen Moment vergaßen wir wohl, dass wir im Land der Gentlemen sind, denn als es um kurz nach 18 Uhr los ging und jeder einzeln an den Schalter treten durfte um seinen Pass abzuholen hieß es: Women first, please! :-)
Mit dem verlängerten Visum konnten wir uns dann auch endlich registrieren. Das ist wohl zwingend notwendig, denn wenn man länger als 30 Tage bleibt und ohne Registrierung ausreist, dann muss man mit Strafen im mindestens dreistelligen Bereich rechnen. Das Problem ist nur, dass es für Ausländer schwer ist sich registrieren zu lassen, denn man braucht einen Mietvertrag, der notarisch beglaubigt werden muss oder man ist Wohnungsbesitzer. Wir haben natürlich weder eine Wohnung noch einen Mietvertrag und unsere Vermieterin hätte uns auch keinen ausgestellt, denn wenn man seine Wohnung offiziell vermietet, zahlt man hohe Steuern. Dazu hat verständlicherweise keiner Lust, deswegen vermieten viele ohne richtigen Mietvertrag. Dank der etwas undurchsichtigen – oder auch korrupten – Bürokratie halten wir jetzt jedoch trotzdem stolz unsere aserbaidschanischen Personalausweise in Händen. Wir (Tilman, Corinne und ich) wohnen jetzt offiziell in der Wohnung einer sehr netten und super hilfsbereiten Aserbaidschanerin (Danke Latifa!) zusammen mit einem anderen Deutschen. Aber das ist durchaus realistisch, die Wohnung hat fünf Zimmer. Es können also ohne unglaubwürdig zu wirken noch locker zwei drei andere Ausländer einziehen...
Das Ganze hat uns wiederholte Rennereien und Wartereien auf verschiedenen Polizeistationen beschert. Zuerst hatten Corinne und ich es alleine versucht, aber keine Chance, ohne Mietvertrag geht nichts. Mit Hilfe von Latifa haben wir jetzt „nur“ insgesamt 70 Manat bezahlt und müssen uns um hoffentlich gar nichts mehr kümmern.











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