21.12.2007

Heiraten auf Aserbaidschanisch II


AOS und das Brautpaar


Böse Zungen behaupten manchmal die Aserbaidschaner denken nur ans Heiraten und rennen von einer Hochzeit zur nächsten. Na ja, so ganz stimmt das natürlich nicht, aber die Gelegenheit einer Hochzeit beizuwohnen ergab sich für mich hier glücklicherweise zum zweiten Mal. Während fast 22 Jahren Deutschland war ich auf einer einzigen Hochzeit. Sechs Wochen in Aserbaidschan und ich kann schon fast von einem neuen Hobby sprechen ;-).
Sahin und Gülar, zwei ganz nette Mitarbeiter von AOS haben sich vor etwa 2 Wochen das Ja-Wort gegeben. Eingeladen werde ich drei oder vier Tage vorher mit einer schicken Einladung auf der Fotos von dem Hochzeitsrestaurant aufgedruckt sind. Pünktlich um 18 Uhr geht es los. Alle Gäste treffen sich im Foyer des Hochzeitspalastes. Das Brautpaar sitzt vor der Tür in einem leuchtend weißen mit Blumen geschmückten Mercedes. Als mehr oder weniger alle Gäste anwesend sind begibt man sich – das Brautpaar sitzt immer noch im weißen Mercedes - in den Hochzeitssaal und nimmt an den sehr reichhaltig gedeckten Tischen Platz. Alle Mitarbeiter von AOS sitzen an einem Tisch. Sobald man sich hinsetzt fängt man an zu essen, egal ob alle anderen schon sitzen oder ob noch jemand fehlt. Ununterbrochen rennen Kellner herum und schenken Saft ein oder verteilen die Vodka-Gläser, die schon auf dem Tisch stehen, um. Denn nur die Männer bekommen ein Vodka-Glas und wenn man sich als Frau an einen Platz mit einem kleinen Vodka-Glas setzt, eilt schnell jemand herbei und nimmt es weg. Zu essen gibt es mehr oder weniger genau das Gleiche wie auch auf der Hochzeit in Sadihli, nur mit dem Unterschied natürlich, dass es nicht selber gemacht ist und ich habe diesmal ja auch nicht mitgekocht und das schmeckt man natürlich heraus. Eine halbe Stunde etwa schon essen die anwesenden Gäste, vom Brautpaar keine Spur. Gerade als ich fragen will wo denn Sahin und Gülär bleiben, werde ich auf die vier Großleinwände an der Wand aufmerksam, die eine Direktübertragung der Hochzeit garantieren und so dem Gast ermöglichen, das Geschehen zu beobachten ohne sich umständlich umdrehen zu müssen oder den Hals zu recken. Auf der Leinwand sehe ich, dass die beiden jetzt aus dem Auto steigen und den Saal betreten. Die Aufmerksamkeit richtet sich auf die Tür und alle beklatschen den eintretenden Trupp. Man muss Trupp sagen, denn das Brautpaar betritt nicht alleine den Saal. Vor ihnen laufen einer der Kameramänner und sein Kabeljunge und hinter ihnen die Trauzeugen und der zweite Kameramann mit seinem Kabeljungen. In der Mitte des Saals steht ein Tisch auf dem sie einen Vertrag unterschreiben. Ich nehme mal an das ist mit einer standesamtlichen Hochzeit in Deutschland zu vergleichen. Nachdem sie sich das Ja-Wort gegeben haben, ziehen sie sich gegenseitig die Ringe auf (den Teil gab es in Sadihli gar nicht). Das Licht geht aus, eine blaues Schummerlicht geht an, Whitney Houston beginnt zu singen und das Brautpaar fängt an in der Mitte des Saals, umringt von kleinen Mädchen im Engelskostüm, zu tanzen. Peng! Ein Mann schießt Glitzerkonfetti in die Luft und die Traumhochzeit kann beginnen. Das Lied ist zu Ende, das Licht geht an und das Brautpaar nimmt seinen Platz auf dem erhöhten Podest ein. Kaum sitzen sie fünf Minuten kommen nach und nach alle Gäste um sich mit ihnen fotografieren zu lassen. Wir natürlich auch ;-). Parallel ertönt entweder ununterbrochen lautstark aserbaidschanische Musik oder der Hochzeitsmoderator (ich nenne ihn jetzt mal so, denn ich habe die aserbaidschanische Berufsbezeichnung vergessen) trägt die Glückwünsche der Gäste vor. Die Zeit von sieben bis etwa halb zehn verläuft einerseits abwechslungsreich andererseits aber auch etwas monoton. Man sitzt, quatscht und isst die Speisen, die auf dem Tisch gestapelt werden (im wahrsten Sinne des Wortes), denn alle halbe Stunde kommt etwas Neues oder man tanzt, oder lässt sich mit dem Brautpaar fotografieren. Die meisten Frauen tanzen. Die meisten Männer sitzen, trinken Vodka, reden viel und schauen sich vielleicht die Filmübertragung auf den Großleinwänden an. Ich finde das mit der Filmübertragung übrigens auch durchaus praktisch, denn so kann man während man tanzt die Bildschirme ansehen und weiß trotzdem wo die beiden Kameramänner gerade filmen und ganz nebenbei sieht man dann auch, was für eine hervorragend Figur man auf der Tanzfläche macht. Zwischendurch setzen wir uns wieder an den Tisch um uns mit dem üppigen Nahrungsmittelangebot zu stärken. Nach einer Weile wird Obst serviert. Total lecker und erfrischend! Anscheinend stürze ich mich ziemlich darauf, denn ab diesem Zeitpunkt werden von den netten Kellnern in regelmäßigen Abständen Obst- und Nussteller um meinen Teller herum aufgebaut. Vor allem die vielfältigen kreativen Variationen von Birnen und Bananen möchte ich an dieser Stelle einmal loben.
Plötzlich wird es wieder dunkel, die Musik ändert sich und alle Kellner stellen sich mit Fackeln in der Hand in der Mitte in zwei Reihen auf. Gespannt warten die Gäste – oder vielleicht auch nur ich – was passiert. Eine mit wallenden Röcken und Tüchern bekleidete Frau schwebt tanzend herein und trägt auf ihren Händen über ihrem Kopf einen großen brennenden Teller. Tradititioneller Plov (ein Reisgericht mit Trockenobst und Fleisch). Sie tanzt durch den Gang von Kellnern und Fackeln auf das Podest zu. Was genau brennt kann ich nicht erkennen, aber nachdem sie es vor dem Brautpaar abstellt, brennt der Teller noch ein paar Minuten weiter. Das Licht geht wieder an und auch alle anderen Tische bekommen nach und nach Plov serviert. Aber inzwischen ist es schon zehn Uhr und keiner kriegt mehr irgendetwas zu essen in sich hinein. Deswegen bleibt diese Speise wie eigentlich 90% des restlichen Essens das noch auf dem Tisch steht, unberührt. Kurz nach dem Plov schneidet das Brautpaar die riesige Hochzeitstorte an. Jeder Gast bekommt ein Stückchen ab und Eis und Tee gibt es jetzt auch noch. Es ist inzwischen etwa halb elf und Mehrab und ich beginnen gerade ein nettes Gespräch mit den Kellnern. Wir merken gar nicht, dass der Saal sich leert, die Musik aufhört (das merken wir im Unterbewusstsein, denn plötzlich müssen wir uns nicht mehr schreiend verständigen) und die Hochzeit offensichtlich vorbei ist - um 23 Uhr!!! Das Brautpaar geht und mit ihnen alle anderen Gäste. Der Aufbruch bzw. Abschied ist ziemlich unspektakulär. Sahin und Gülär steigen mit Geschenken bepackt (ich frage mich wo die herkommen, denn eigentlich „schenken“ alle Geld und ich habe niemanden gesehen, der ein Geschenk überreicht hat) in einen kleinen Giggolo (immerhin ist er auch weiß, wie der Mercedes) und fahren in ihre neue gemeinsame Wohnung. Auch ich werde nach Hause gefahren und lasse den Abend mit drei lustigen, singenden Aserbaidschanern während einer rasanten, aber sicheren Fahrt durch das nächtliche Baku ausklingen.

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Liebe Elisabeth

Ich habe den Artikel gelesen und es gefalt mir viel! :)
Es war immer sehr interessant fur mich, wie findet Auslander unsere Hochzeiten.
Ist das interessant fur sie, wie heist man den Hochzeitsmoderator in Aserbaidschanische Sprache?
Man heist ihn - "Tamada" :))

Viel Erfolg!!
von Murad, Baku ,den 21.12.2007

Anonym hat gesagt…

bia

Anonym hat gesagt…

bia

Anonym hat gesagt…

Elli,
great job..even I cant do it, despite comparably I had seen lots of those kinds of weddings:)

hmmm..u r right it is already quite long time im here in Germany, but have nt been in any wedding..schade:( and probably it ends here nt at 11.00pm??:))

Zulfiyya