Während die anderen eifrig damit beschäftigt sind, einzuschätzen welche Vogelarten sich in einem gegebenen Rechteck zu wie viel Prozent verteilen, Schwäne und Flamingos beobachten und versuchen der Kälte und dem kalten Wind zu trotzen, habe ich nur Augen für das was es neben den Vögeln auf Pirallahi auch zu sehen gibt: Erdöl. In rauen Mengen, überall. Noch ganz frisch in Aserbaidschan, dachte ich am Anfang immer, dass die Erdölpumpen mehr oder weniger unkontrolliert vor sich her pumpen und die Leute je nach Bedarf vorbeikommen und sich mit dem Eimer das Öl aus den Becken abschöpfen. Denn neben jeder Pumpe ist auch eine große Mulde in den Boden gegraben und diese Becken sind meistens randvoll mit Erdöl gefüllt. Allerdings gibt es auch bzw. eigentlich gibt es ein unterirdisches Leitungssystem. Nur scheint das ziemlich marode zu sein und enorm zu lecken, denn ich habe das Gefühl mindestens die Hälfte des gepumpten Rohöls landet im Auffangbecken und nicht in den vorgesehenen Leitungen. Die ganze Situation erweckt in mir immer den Eindruck eines schlechten Witzes, denn wenn man nicht wüsste, dass es sich bei dem was da aus dem Boden blubbert um schwarzes Gold handelt, nach dem sich fast die ganze Welt die Finger leckt, dem hier aber unachtsam keine Sorge getragen wird, könnte man meinen, es handelt sich um irgendwas Unerwünschtes, das alle loswerden wollen.
Ich spaziere also so zwischen den kleinen schwarzen Geldseen hin und her und frage mich, wie man ernsthaft, ohne wenigstens ein schlechtes Gewissen zu bekommen, diese Situation rechtfertigen kann. Wie war das doch gleich, ein Tropfen Öl verseucht 100 Liter Wasser oder mehr? Von Natur kann man auf Pirallahi teilweise kaum noch sprechen, denn das Öl bedeckt fleckenhaft und auf eine große Fläche verteilt den Erdboden. Am Spektakulärsten wird es jedoch als wir neben einem Socar-Gelände Vögel zählen wollen. Socar steht für State Oil Company of Azerbaijan Republic und besonders während dieses Ausfluges habe ich Socar überaus lieb gewonnen und ihnen fast meine Kamera „geschenkt“. Man stelle sich ein mit Stacheldraht eingezäuntes Gelände vor, innerhalb dessen Grenzen, eine Handvoll Zylindertanks stehen. Offensichtlich bis zum Rand mit feinstem schwefelarmen, aserbaidschanischem Erdöl gefüllt, denn am Fuße jeden Tanks fließt ein etwa ein halben Meter breites Ölrinnsal, den Hang hinunter, unter dem Zaun hindurch in die Landschaft hinein, hinterlässt eine schwarze Spur und bildet Erdölseen. Bewacht wir das Socargelände von einem Socar-Mitarbeiter auf einem Wachturm. Als wir mit Teleskopen und Ferngläsern bewaffnet das Gelände passieren und uns gleich hinter dem Zaun zum Vögelzählen aufstellen wollen, weist der Mann uns von seinem Wachturm direkt hinter uns darauf hin, dass wir uns hier nicht aufstellen dürften, das sei fast das Gelände von Socar. Und wir sollten nicht auf die Idee kommen Fotos zu machen. Also gehen wir hundert Meter weiter vor und der Mann auf dem Hochstand scheint befriedigt. Ich stelle mich mit dem Rücken zum Socargelände und zum wachenden Socarmenschen mit angewinkeltem Arm auf und Mehrab macht unauffällig ein paar Beweisfotos. Der Socarmensch bemerkt nichts und so habe ich meine Fotos und die Kamera immer noch.
das ist einer der Erdölseen, einfach nur Öl
das ist es und ich pansche im Brei herum...
geheimes Foto... für einen Augenblick schaut der Wachmann auf seinem Posten gerade nicht zu uns herüber
eigentlich hat die Landschaft durchaus etwas Romantisches, aber die pechschwarze stinkende Pfütze auf der rechten Seite ist dann schon wieder weniger romantisch als vielmehr realistisch...
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